Moto Guzzi The Clan
REISEBERICHTE

Bilder und Impressionen vom Comer See: Mandello, Grigna und eine 850 Le Mans

Antonio ist einer von uns, ein Mitglied der Community, eingefleischter Guzzi-Fan, ein Typ, der seine 850 Le Mans förmlich anbetet – warum eigentlich nicht –, für den es nichts Schöneres gibt, als die Kurven und die tollen Fernsichten rund um den „Adlerhost“, rund um Mandello del Lario, die Heimat einer jeden Moto Guzzi, zu genießen.

Antonio hat uns diese Kurzgeschichte seiner Herbstausfahrt geschickt, die ihn über malerische und kurvenreiche Straßen entlang des Comer Sees, in die Höhen des Grigna und durch das Tal der Valsassina, geführt hat.

Eine richtig bodenständige Geschichte, in keiner Weise sentimental. Doch wenn man zwischen den Zeilen liest, spürt man die Passion und die Sanftmütigkeit, die jeder Guzzi-Fan für seine Moto Guzzi und für diese wunderbare Gegend empfindet. Für den Ort, der zwischen dem See und den Bergen liegt, wo seit 1921 bis heute alle Moto Guzzis von Hand gebaut werden. Wo Rennsport, was in dieser kurvenreichen Gegend auch gar nicht ausbleiben konnte, zu einem wichtigen Element der Marke geworden ist.

Wir bedanken uns bei Antonio und wünschen euch viel Vergnügen beim Lesen. Am Ende findet ihr noch eine Landkarte, nach der ihr seine Tour bei Gelegenheit einmal nachfahren könnt.

„Es ist bereits spät im November, die Tage werden kürzer. Doch wenn du mit deiner Maschine rechtzeitig losfährst, ist das meist besser, als in sengender Sommerhitze unterwegs zu sein. Ich steige auf meine Le Mans, die, wie ein altes Vollblut, scheinbar selbst genau den Weg nach Mandello kennt. Wir, gemeint sind meine Le Mans und ich, aus Richtung Mailand auf der Superstrada SS 36, die über Lecco in Richtung Sondrio führt. Wir nehmen die Ausfahrt nach Abbadia Lariana und kommen über die Seeuferstraße ins „Heilige Land“, nach Mandello del Lario. Doch statt nach rechts in die Via Parodi zum Moto Guzzi Werk abzubiegen, fahren wir geradeaus, in nördliche Richtung, weiter. Auf der anderen Seeseite verschwindet die Nachmittagssonne gerade hinter den Bergen. Wir beschließen, ihr zu folgen und fahren auf der wunderschönen Panoramastraße, die sich an den Ausläufern des Grigna, in Richtung Valsassina, den Berg hinaufwindet.

HINAUF ZUM GRIGNA
Von der Seeuferstraße biegen wir, nachdem wir Lierna und Fiumelatte, den Ort mit dem kürzesten Fluss Italiens, passiert haben, ab in Richtung Varenna, durchfahren den historischen Ortskern. Dann biegen wir rechts ab und folgen der Beschilderung Esino Lario und Valsassina. Die Hänge sind hier recht steil und der Weg führt uns, mit einer schier nicht enden wollenden Zahl enger Kehren, immer weiter die Höhe. Seit ich zum ersten Mal hier war, bin ich von meiner Le Mans restlos beeindruckt. Das Handling der Le Mans ist hervorragend: Es ist das Ergebnis einer wirklich ausgewogenen Technik, der Rotation des längs eingebauten 90°-V2-Motors, dessen Kreiselkräfte einen nie daran hindern, jederzeit in Schräglage zu gehen. Dank eines sehr lang übersetzten ersten Gangs hast du aus den Ecken heraus immer optimale Beschleunigung. Allerdings ist ein wenig Vorsicht geboten, die Straßen sind hier teilweise recht schmal. Oft sind Kurven nicht einsehbar und manchmal herrscht eine Menge Verkehr. Du musst mit Bedacht abwägen, ob und wann du bergauf Autos überholst, und grundsätzlich solltest du immer ein Auge auf den entgegenkommenden Verkehr haben. Zwischen den Häusern entlang der Straße hast du immer wieder einen Blick auf den See und es scheint, als würde er langsam aber sicher immer kleiner.

Wir passieren die Abzweigung mit dem Wegweiser zur Burg von Vezio. Die Burg stammt aus dem 12. Jahrhundert und gehörte damals zu einer Festungsanlage, die zum Schutz von Varenna gebaut worden war. Der Burggarten beherbergt heute eine Kolonie von Greifvögeln, die dort von einem Falkner gezüchtet und für die Jagd trainiert werden. Wir waren schon öfters dort, heute lassen wir das jedoch, weil wir einfach nur Lust auf eine ausgedehnte Tour haben.

Die Häuser am Straßenrand werden weniger. Schon bald erreichen wir das Zentrum von Perledo. Ein kleines Dorf an den Hängen des Grigna. Die Straßen im Dorf laufen alle an der wunderschönen Kirche San Martino zusammen. Es wird überliefert, dass die fromme Kaiserin Teodolinda die Kirche als Zufluchtsort gebaut haben soll, um sich dort von den Anstrengungen des öffentlichen Lebens zu erholen. In einer der Kehren liegt ein Rastplatz, von dort führt ein Wanderweg in den Ort. Dort halten meine Le Mans und ich an und genießen den Blick auf den See und die Burgruine von Vezio, die auf einem Felsvorsprung oberhalb von Varenna, auf den See herunterschaut.

Ich steige wieder auf meine Guzzi und fahre weiter bergauf. Da, wo die Häuser enden, auf halbem Weg am Hang des Grigna, wendet sich die Straße in Richtung Süden. Wir fahren durch einen Wald. Es geht weiter bergauf. Zwischendurch tauchen Felsformationen auf, denn die Straße wurde an vielen Abschnitten durch das Bergmassiv getrieben. Hier oben erfreut die Natur das Auge, um diese Jahreszeit mit einer Vielfalt herbstlicher Farben. Die Straße ist frei und es gibt auch keine Hauseinfahrten, an denen man besonders Acht geben sollte. Also kann ich etwas mehr am Kabel ziehen, trotzdem bin ich vorsichtig, es gibt viele unübersichtliche Kurven, in die du blind hineinfährst, keine Vorstellung davon hast, wie ihr Verlauf sein wird und was dich erwartet. Mit angemessenem Tempo unterwegs, wird die Tour, in der noch warmen Herbstsonne, jedes Mal aufs Neue zu einem entspannten Erlebnis. Du kannst irgendwo an einem der Picknickplätze, die mit Tischen und Bänken ausgestattet sind, einen Stopp einlegen. Von dort genießt man die spektakuläre Aussicht auf die Berge und den See. Vor einigen Jahren beschloss der Rat der Provinz, dort einige Hinweistafeln „amerikanischer Machart“ aufzustellen, die schon recht seltsam anmuten.

HINAUF ZUM PASSO DI AGUEGLIO
Die Straße führt uns weiter ins Landesinnere, es geht durch ein Tal, dann wieder steil bergauf. Genau der richtige Moment, um nochmal ein paar erstklassige Kurven zu genießen. Dann erreichen wir das Bergdorf Esino Lario. Eine größere Ortschaft, die auf halbem Weg zwischen dem See und dem Valsassina liegt. Die Häuser hier sehen alle ziemlich gleich aus. Im Sommer ist der Ort mit Touristen, die in der Region Urlaub machen, überlaufen. Im Winter ist entschieden weniger los. Eine kurze Kaffeepause in der Bar am Dorfeingang ist immer willkommen. Von dort führt uns die Straße, mit vielen Kurven und Kehren durchs Dorf, weiter bergauf. Nach dem Ortsausgang teilt sich die Straße. Rechts steht ein Hinweisschild „Alpe Cainallo“, ein kleines Skigebiet, wo man im Sommer hervorragend spazieren gehen oder auch grillen kann. Wir nehmen die Abzweigung nach links, in Richtung Passo di Agueglio, einem Bergsattel oberhalb des Sees, der ins Valsassina führt.

Wir folgen der Straße immer weiter bergauf. Hier, auf mehr als eintausend Metern über dem Meeresspiegel, ändert sich die Vegetation deutlich. Die dichten Laubwälder gehen langsam in Tannenwald über und der schroffe Fels des Grigna zeigt sich entlang der Route. Die Streckenführung wird offener, übersichtlicher, es geht auf und ab. Man muss sich ein wenig auf die Straße konzentrieren, die in diesem Bereich nicht wirklich perfekt ist. Zudem liegt immer wieder Geröll, das sich von den Felsen löst, auf der Fahrbahn. Es passiert öfters, dass gerade in schlecht einsehbaren Kurven kleine Felsbrocken und Steine auf der Straße liegen. Meine Le Mans und ich waren schon so oft hier, dass wir wissen, welches Sicherheitspolster wir brauchen, um wieder heil nach Hause zu kommen. Wir halten an, ich mache noch ein paar Fotos. Als ich mich umdrehe, sehe ich hinter uns die schneebedeckte Spitze des Grigna.

DER BLICK AUF DEN COMER SEE
Unmittelbar nach dem Schild „Passo di Agueglio“ gibt es ein paar Aussichtspunkte. Direkt oberhalb des Sees kann man das Panorama mit dem See, Varenna Menaggio und der weiten Umgebung, genießen. Man sieht die beiden Arme des Comer Sees, die durch die Halbinsel Bellagio mit dem gleichnamigen Ort an seiner Spitze getrennt sind. An den südlichen Enden liegen die reizenden Städte Como beziehungsweise Lecco. Sie sind im Übrigen auch immer einen Besuch wert. In der Ferne erkennt man die Insel Comacina und die Tessiner Berge. Ein herrliche Aussicht, die mich immer wieder von neuem begeistert. Egal, ob im Sommer, bei klarem Himmel oder an einem schönen Wintertag, wenn Sonne und Nebel über dem See für Licht- und Schattenspiele sorgen. Wir genießen die Aussicht eine Weile, bevor wir uns weiter auf den Weg machen.

Unsere Strecke führt uns um den Berg herum, verläuft dann weiter, parallel zum See, bevor es hinunter ins Valsassina geht. Die Strecke liegt meist im Schatten, es ist selbst im Sommer meist kühl dort. Im Herbst und Winter kommt es vor, dass stellenweise Reif oder sogar Eis auf der Fahrbahn ist. Obwohl die Kurven grundsätzlich gute Schräglagen erlauben, sollte man den Asphalt tunlichst im Auge behalten. Am Ende der Abfahrt erreichen wir Parlasco, ein winziges Dörfchen, wo wir hinter dem Ortsausgang nach links auf eine schmale Straße abbiegen, die uns Richtung Bellano bringt. Die Strecke führt uns über eine Hochebene, wo die Valsassina fließt. Ein paar Kurven später sehen wir in der Ferne den nördlichen Ausläufer des Sees. Die Straße ist recht schmal und führt durch ein paar schlecht beleuchtete Tunnelanlagen, die auch meist noch ziemlich feucht sind. Kurz darauf kommen wir auf die Nationalstraße SP 62, die das Valsassina mit dem See verbindet.

Die Straße, über die es zurück nach Bellano geht, ist deutlich breiter. Obwohl mehr Verkehr herrscht, können wir nochmal richtig Gas geben. Der schnellste Weg zurück, würde über die Superstrada SS 36 führen, auf die man kurz vor Bellano, in Richtung Mailand, auffahren kann. Wir wollen aber lieber noch ein paar Kurven auskosten und fahren die Serpentinen hinunter zum See. Wir werden mit einem Blick auf malerische Schweizer Berge belohnt, die sich im Hintergrund erheben, während sich über dem gerade die Sonne senkt. Kurz darauf sind wir wieder an der Uferstraße. Wir tanken und fahren zurück in Richtung Mailand, genießen nochmals die letzten Kurven zwischen Bellano und Abbadia, bevor wir in den schier endlosen Tunnel bei Lecco kommen.“

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